Digitale Kaffeekasse als Social-Payment-Versuch

Der US-Amerikaner Jonathan Stark besitzt eine Prepaidkarte für die Kaffeehauskette Starbucks. Diese ist nun die Grundlage für ein Social-Payment-Experiment, das sich am besten als öffentliche Kaffeekasse beschreiben lässt. Stark machte die Karte im Internet zugänglich und ermöglicht jedem ihren Gebrauch als auch Aufladung. pressetext hat den Social-Payment-Experten und Berater Karsten Wenzlaff vom Institut für soziale Medien in Berlin (ikosom) befragt. Er findet den Versuch spannend und sieht die Langfristigkeit von Investitionen als wichtigen Ansporn für die Verwendung von Flattr und Co.

Soziale Kontrolle ist wichtig

Wer sich eine Kopie von Starks Starbucks-Card auf sein Smartphone geladen hat, kann damit in den US-Filialen der Kette Speisen und Getränke erwerben. Über den aktuellen Guthabenstand informiert ein eigens eingerichteter Twitter-Account. Das Projekt lehnt sich an die italienische Tradition des „Caffe Pagato“ an, bei dem Besucher eines Lokals für zukünftige Kunden im Vorhinein den Kaffee bezahlen.

Wenzlaff findet das Experiment spannend, beobachtet aber auch, dass der Guthabenstand der Karte sehr oft erschöpft ist. Grundsätzlich funktioniert „Jonathan’s Card“ komplett anonym, laut dem Experten ein möglicher Grund dafür. „Wenn die Community aufpassen soll, dass niemand das System ausnutzt, sollte sichtbar sein, wer etwas gibt oder nimmt“, erläutert er im Gespräch mit pressetext. Damit ist jedoch ausdrücklich keine Klarnamenspflicht gemeint, so Wenzlaff, denn eine Nutzerzuordnung durch Nicknames reicht als soziale Kontrolle völlig aus.

Modell funktioniert prinzipiell

Der Hype, der um das Projekt entstanden ist, könnte sich positiv auf den weiteren Verlauf des Versuchs auswirken. Denn dadurch könnten mehr Menschen angespornt werden, aus Neugier etwas in die Kaffeekasse einzuzahlen, um zu sehen, was passiert. Wird die Karte aber zu oft zu schnell geleert, könnte sich das wiederum negativ auf die Nutzermotivation auswirken.

„Generell“, so Wenzlaff, „zeigt sich bei Social Payments immer mehr Zahlungsbereitschaft, wenn man mit dem Geld etwas Langfristiges erreicht.“ Die gemeinsame Erarbeitung und Verwaltung von Gütern auf digitalem Wege hält er für ein prinzipiell funktionierendes Modell, wobei er im Falle der Starbucks-Card die nächsten Wochen abwarten will. Jonathan Stark will den Versuch so lange weiterlaufen lassen, wie es Menschen gibt, die Guthaben auf die Karte laden.

Harte Paywalls bleiben Nische

Social-Payment-Diensten wie Flattr sagt Wenzlaff eine rosige Zukunft voraus. Zwar ist der erste Hype vorüber, und das Wachsum erfolgt nur noch langsam, doch ist das auch der fehlenden Akzeptanz der klassischen Onlinemedien geschuldet. Während im deutschen Sprachraum aktuell nur vereinzelt Journalisten und Medien (wie etwa die deutsche TAZ) relevante Beträge lukrieren können, sieht Wenzlaff in Zukunft einen wichtigen Einkommenskanal für freie Journalisten und kleine Magazine. „Auch große Medienhäuser werden das Potenzial langsam entdecken“, prognostiziert der Experte.

Keine Chance gibt der Social-Media-Berater harten Paywalls im Bereich des reichweitenbasierten Journalismus. „Hier haben mehrere Beispiele gezeigt, dass so ein Modell nicht angenommen wird. Nur sehr spezielle Medien mit besonderer Zielgruppe und wenig Reichweitenabhängigkeit werden das erfolgreich betreiben können“, so Wenzlaff abschließend. (pte)

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